Neue Leistungen - neues Geld
Neue Leistungen – neues Geld. Das war bislang der Grundsatz im ärztlichen wie im zahnärztlichen Bereich bei der Versorgung der GKV-Versicherten. Ohne diesen Grundsatz, der auch in den Verhandlungen mit den Krankenkassen immer seine Gültigkeit hatte, würde jede Ausweitung des Leistungskataloges durch neue Leistungen unweigerlich scheitern müssen. Darüber bestand auch Einigkeit mit dem BMG und dem Gemeinsamen Bundesausschuss, als es um die neue PAR-Behandlungsstrecke ging.
Folgerichtig hatten wir mit den Krankenkassen vereinbart, diese PAR-Behandlungsstrecke, die auf den neuen wissenschaftlichen Klassifikationen der Erkrankung basiert und endlich auch die „sprechende Zahnmedizin“ und insbesondere eine strukturierte und nachhaltige Sicherung des Behandlungserfolges durch die UPT-Leistungen beinhaltet, sollte über einen Zeitraum von 2022 bis 2024 gesondert vergütet werden.
Das GKV-FinStG
Sollte – aber dann kam das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz, das nach dem Willen des Gesundheitsministers die Wiedereinführung der strikten Budgetierung für genau die Jahre 2023 und 2024 beinhaltet. Damit droht das GKV-FinStG die gerade erst eingeführte neue Behandlungsstrecke durch die Rückführung auch dieser neuen Leistungen in die engen Grenzen der Budgetierung scheitern zu lassen. Nach den alten Richtlinien hatte ein PAR-Behandlungsfall einen Gesamtumfang zwischen 500 und 600 Punkten. Die jetzt begonnenen Behandlungsfälle werden über die gesamte Behandlungsstrecke zwischen 1.000 bis 1.300 Punkte generieren. Allein für Hamburg entsteht dadurch in den beiden Folgejahren jeweils ein zusätzlicher Finanzierungsbedarf für diese Leistungen im mittleren einstelligen Millionenbedarf. Dem werden jetzt keine neuen Mittel mehr gegenüberstehen. Das schnelle Ende der neuen PAR-Behandlungsstrecke?
Budgetäre Zwänge und Patientenversorgung
Das kann – bei allem Ärger und aller Frustration über die Gesundheitspolitik – nicht im Sinne der Zahnärzteschaft sein. Unsere Aufgabe ist es, unsere Patienten zu versorgen und alle Leistungen zu erbringen, die zur Verhütung, Früherkennung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nach den Regeln der zahnärztlichen Kunst ausreichend und zweckmäßig sind. Und zu dieser „zahnärztlichen Kunst“ gehören auch und gerade die Leistungen der gesamten neuen PAR-Behandlungsstrecke. Dieser Aufgabe werden wir 2023 und 2024 unter „verschärften“ Voraussetzungen nachkommen (müssen).
Ausblick auf 2023 und 2024
Klar ist schon jetzt: Ohne HVM-Einbehalte im gesamten Sachleistungsbereich werden wir wohl bei diesen Punktmengenzuwächsen nicht auskommen können. Klar ist aber auch, die Verträge mit den Kassen gelten für 2022 ungeschmälert. Alle PAR-Punkte, die Sie in diesem Jahr erbringen und möglichst auch abrechnen, werden vergütet. Und sie bauen unsere Basis für 2023. Wir sind sofort mit den Krankenkassen in Hamburg in Verbindung getreten und haben Verhandlungen darüber aufgenommen, wie wir unsere Verträge weiterführen können.
Sie werden an Ihrem HVM prüfen müssen, ob Sie in den Folgejahren im gleichen Umfang wie in den letzten Monaten neue PAR-Fälle beginnen können. Wir werden den PAR-Punktwert wieder auf das Niveau des allgemeinen Sachleistungspunktwertes anheben und die Entwicklungen in der Gesamt-Budgetauslastung sehr aufmerksam begleiten. Und wir werden verstärkt die Compliance der Patienten vor und innerhalb der PAR-Strecke einfordern müssen und für einzelne Maßnahmen der Behandlungsstrecke die Indikationsstellungen ggf. restriktiver anwenden müssen.
Dazu kann z. B. auch die Nutzung einer Hygienisierungsphase vor Behandlungsbeginn gehören oder die Frage, inwieweit eine UPTb „Mundhygieneunterweisung, soweit erforderlich“ tatsächlich in jedem UPT-Durchgang erforderlich ist. Und ob nach dem Ablauf der über zweijährigen Behandlungsstrecke tatsächlich in Einzelfällen noch Verlängerungen notwendig sind, wenn all das bislang Geleistete nicht zum Erfolg geführt hat, kann man in Frage stellen. Wir werden uns durch eine die Versorgungswirklichkeit ignorierende Finanzpolitik des Gesundheitsministers nicht von der Versorgung unser Patienten abhalten lassen, aber ob das wirklich auf dem Rücken der Zahnärzteschaft „ohne Leistungskürzungen“, wie der Gesundheitsminister immer wieder betont, passieren kann, ist doch sehr fraglich und entscheidet sich auch in den Vergütungsverhandlungen mit den Krankenkassen für 2023 und 2024.
KZV Hamburg