Der HVM und seine Wirkungsweisen sind erst wieder in den letzten zwei Jahren für viele Kolleginnen und Kollegen spürbar geworden. Jetzt rückt er im Zusammenhang mit der strikten Budgetierung durch den Gesetzgeber und der neuen PAR-Behandlungsstrecke in den Fokus. Hier soll er einmal (ver)einfach(t) erklärt werden:
Warum gibt es einen HVM?
Der Honorarverteilungsmaßstab ist ein Instrument zur Verwaltung eines (Geld-)Mangels. Dieser Mangel hat mit der Einführung der Budgets Anfang der 90er-Jahre (Gesundheitsstrukturgesetz vom 18.12.1992) Einzug in die GKV-Vergütung der Zahnärztinnen und Zahnärzte gehalten. Mit dem Ziel der Beitragssatzstabilität hatte die Politik in dem damaligen Gesetz Ausgabenbegrenzungen für die ambulanten Leistungsbereiche eingeführt. Heute unterliegen die meisten KCH-, KBR-, PAR- und KFO-Leistungen – der sogenannte Sachleistungsbereich - dieser Budgetierung (Sachleistungsbudget). Lediglich IP-/FU-Leistungen sowie einzelne Leistungen aus der aufsuchenden Betreuung sind von der Budgetierung ausgenommen.
Um die begrenzten Mittel gerecht zu verteilen, hat die Hamburger Zahnärzteschaft Ende der 90er-Jahre einen HVM entwickelt, der in seinen Grundstrukturen noch heute Gültigkeit hat.
Welche Idee steckt im HVM?
Die Idee des HVM ist es, durch sparsame Verwendung der zur Verfügung stehenden budgetierten Mittel den einzelnen Leistungen einen vernünftigen und auskömmlichen Wert zuzuordnen. Dafür wird der sog. durchschnittliche Grenzwert herangezogen: Für jede Kassenart wird die Gesamtpunktmenge aller in einem vergangenen Jahreszeitraum erbrachten Sachleistungen (KCH, KBR, PAR) durch die Gesamtzahl der abgerechneten KCH-Fälle geteilt. Das ergibt einen durchschnittlichen Grenzwert pro Fall, bis zu dem die erbrachten Leistungen zum garantierten Punktwert ohne Abzüge ausgezahlt werden.
Der Anreiz zur sparsamen Mittelverwendung liegt also darin, diesen Grenzwert nicht zu überschreiten, um nicht für ein reduziertes Honorar arbeiten zu müssen. Die konsequente Umsetzung dieses Grundgedankens durch die Mehrzahl der Hamburger Kolleginnen und Kollegen hat dazu geführt, dass sich die Punktwerte in Hamburg in den vergangenen 20 Jahren in einigermaßen angemessenen Höhen bewegt haben und gerade in den letzten Jahren Kürzungen und endgültige Einbehalte nicht notwendig waren.
Wie werden unterschiedlich hohe Fallzahlen berücksichtigt?
Allein mit dem durchschnittlichen Grenzwert pro Fall kann den unterschiedlichen Gegebenheiten in den Praxen nicht Genüge getan werden. So werden gerade neue Praxen i. d. R. weniger Patienten haben als etablierte Praxen. Bei geringeren Patientenzahlen entstehen aber oft höhere Durchschnittsfallwerte. Umgekehrt zeigen die Analysen der Abrechnungszahlen, dass Praxen mit hohen Fallzahlen geringere Durchschnittsfallwerte aufweisen, weil sie z. B. von Routinekontrollen und Recall-Systematiken profitieren können. Um diesen Umstand zu berücksichtigen, gibt es den (nach Fallzahlen) gewichteten Grenzwert, der sich nach der Anzahl der Fälle pro BehandlerIn orientiert.
Wenn eine Praxis weniger Fälle/Behandler/in als der Durchschnitt (derzeit 323 Fälle/Behandler/in) erbringt, erhält sie eine höhere Gewichtung des Grenzwertes pro Fall. Wer oberhalb von 323 Fällen/Behandler/in liegt, wird eine etwas niedrigere Gewichtung des Grenzwertes pro Fall erhalten.
Die Fallzahl multipliziert mit Gewichtung mal Grenzwert ergibt die sog. „Budgetgrenze der Praxis“, also die Gesamtsachleistungspunktmenge, die in jedem Fall ohne Kürzungen und Einbehalte zur Auszahlung kommt.
Was bedeutet das allgemein in der Praxis?
Dazu drei stark vereinfachte Beispiele mit einem Grenzwert von 94 Punkten:
Sinkt die Fallzahl pro Behandler unter den Durchschnittswert, erhöht sich die Gewichtung des Grenzwertes und damit die Punktmenge/Fall, bis zu der garantiert ohne Abzüge vorläufige Einbehalte ausgezahlt wird (Praxis A).
Erbringen zwei Praxen die gleiche Fallzahl mit unterschiedlich vielen BehandlerInnen, wird die Praxis mit mehr Behandler/innen eine höhere Budgetgrenze haben (Vergleich Praxis B und C).
Praxis A (Neugründung) | Praxis B | Praxis C |
1 BehandlerIn | 1 BehandlerIn | 2 BehandlerInnen |
254 Fälle | 426 Fälle | 426 Fälle |
Gewichtung 107,06% | Gewichtung 92,00% | Gewichtung 106,81% |
25.662 Punkte (Budgetgrenze) | 36.839 Punkte (Budgetgrenze) | 42.770 Punkte (Budgetgrenze) |
100,6 Punkte/Fall | 86,48 Punkte/Fall | 100,4 Punkte/Fall |
Was passiert bei Überschreitungen der Budgetgrenze?
Bis zum Erreichen der Budgetgrenze der Praxis werden alle Leistungen (Punktmengen) zum garantierten Punktwert ohne Kürzungen ausgezahlt. Wird in einzelnen Quartalen die individuelle Budgetgrenze überschritten, kann es zu vorläufigen Einbehalten kommen. Dann würden die Punktmengen, die die Budgetgrenze überschreiten nicht, in voller Höhe ausgezahlt werden. Nach Abschluss des Gesamtjahres findet ein Abgleich über das gesamte Sachleistungsbudget statt. Wenn im Gesamtbudget noch Spielräume vorhanden sind, werden die vorläufigen Einbehalte des Vorjahres ganz oder zumindest in Teilen wieder ausgezahlt.
Wie wirkt sich das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz aus?
Das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz hat mit der strikten Budgetierung, vor allem aber mit der sofortigen Eingliederung der neuen PAR-Behandlungsstrecke, für erhebliche Unsicherheiten in der Kollegenschaft gesorgt. Die PAR-Behandlung löst durch die UPT-Leistungen deutlich höhere Punktmengen aus, die jetzt wieder innerhalb des Sachleistungsbudgets berücksichtigt werden müssen. Bei den Verhandlungen mit den Primärkassen ist es der KZV Hamburg gelungen, zumindest das PAR-Leistungsniveau von 2022 in den Budgets und damit auch in den durchschnittlichen Grenzwerten zu verankern. Die Verhandlungen mit den vdek-Kassen sind noch nicht abgeschlossen. Über die Auslastung des Sachleistungsbudgets unter diesen Vorzeichen und die Frage von Einbehalten kann die KZV daher noch keine abschließende Aussage treffen.
Wie genau wirkt sich der HVM für meine Praxis aus?
Das lässt sich schnell und unkompliziert über den HVM-Rechner berechnen. Auf der Website unter dem Menue-Punkt „Praxis/Abrechnung/Honorarverteilung“ können Sie sich den HVM-Rechner herunterladen und Ihre praxisindividuellen Zahlen eingeben. Achten Sie bei der Eingabe darauf, dass Voll- und Teilzeittätigkeiten berücksichtigt werden und dass Vorbereitungs-/Weiterbildungsassistenten maximal mit einem Anteil von 0,25 erfasst werden dürfen.
Mit wenigen Eingaben erhalten Sie sofort einen Überblick über die Budgetgrenze Ihrer Praxis und die Frage möglicher vorläufiger Einbehalte. Nutzen Sie diese einfachen Möglichkeiten der Liquiditäts- und Leistungsplanung.