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Das MoPeG – was ändert sich für zahnärztliche BGB-Gesellschaften?

Am 01.01.2024 tritt das Personenrechtsmodernisierungsgesetz (MoPeG) in Kraft

Ob und welche Auswirkungen diese gesetzliche Neuregelung auf bestehende Berufsausübungs- und Praxisgemeinschaften in der Rechtsform einer GbR hat, soll in Grundzügen erläutert werden

Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) regelt bislang die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in den §§ 705-739 BGB; die seit über 120 Jahren bestehenden Regelungen werden durch das zum 01.01.2024 in Kraft tretendende MoPeG durch 51 Paragrafen vollständig neu kodifiziert. Anlass für diese Neuregelungen war für den Gesetzgeber, dass sich im Laufe der Zeit in Folge ergangener Rechtsprechung zu einzelnen Regelungen die Notwendigkeit ergab, eine Überarbeitung dieser Bestimmungen vorzunehmen. Der Gesetzgeber hat es indes vermieden, komplettes „Neuland“ zu betreten; Ziel der Reform ist eine grundlegende, gleichwohl systemkonforme Überarbeitung des geltenden Rechts. 

Somit kann bereits an dieser Stelle festgestellt werden, dass das bisherige Recht der BGB-Gesellschaft nicht etwa „auf den Kopf gestellt“ wurde, sondern durch das MoPeG durchaus sinnvolle, klarstellende und wünschenswerte Regelungen getroffenen wurden, die bisherige Defizite dieser Gesellschaftsform auszugleichen geeignet sind.

Zahnärztliche Berufsausübungsgemeinschaften in der Rechtsform einer GbR werden auf der Grundlage schriftlicher Gesellschaftsverträge geschlossen. Diese Verträge sind – soweit die vertragszahnärztliche Versorgung Zweck der Gesellschaft ist – dem Zulassungsausschuss der zuständigen KZV zur Genehmigung vorzulegen. Dort werden die Gesellschaftsverträge im Hinblick auf die Einhaltung vertragszahnärztlicher Vorgaben geprüft und bejahendenfalls genehmigt. Regelmäßig nicht geprüft wird indes, ob (neben den vertragszahnärztlichen Vorgaben) die weiteren rechtlichen Regelungen des Gesellschaftsvertrages mit den Vorschriften des BGB sowie der einhergehenden Rechtsprechung im Einklang stehen. In der Konsequenz bedeutet dies, dass Vereinbarungen, die gegen zwingende Regelungen des BGB – künftig nach MoPeG – verstoßen, in die Risikosphäre der Parteien fallen. Anders formuliert, die Regelungen auch bereits bestehender Gesellschaftsverträge müssen sich an den Neuregelungen der §§ 705ff.  BGB messen lassen. 


Was hat sich geändert? 

1.  Nachdem der BGH bereits 2001 der sogenannten Außen-GbR die Rechtsfähigkeit zuerkannt hat, ist dies nunmehr in § 705 Abs. 1 BGB im Unterschied zum bisherigen Recht kodifiziert; die Gesellschaft kann also Rechte erwerben, Verbindlichkeiten eingehen und nach dem Willen der Gesellschafter am Rechtsverkehr (z. B. Ausübung der Zahnheilkunde) teilnehmen. Dies gilt im Zweifelsfall gleichermaßen für eine Praxisgemeinschaft. Wenngleich es sich bei einer Praxisgemeinschaft um eine Innengesellschaft (§ 705 Absatz 2 Alt. 2 BGB) handelt, führt die Vermutungsregelung des § 705 Absatz 3 BGB unter Rechtsscheingesichtspunkten zu der Annahme, dass es sich um eine Außengesellschaft handelt, wenn die in einer Praxisgemeinschaft tätigen Zahnärzte in der Außenwahrnehmung Dritter den Eindruck entstehen lassen, sie würden ihren Beruf gemeinsam – wie in einer Berufsausübungsgemeinschaft – ausüben. Entsteht ein solcher Eindruck, haften alle an dieser Praxisgemeinschaft beteiligten Zahnärzte in Folge dieser Vermutungsregelung gemeinsam für Verbindlichkeiten (z. B. Behandlungsfehler) der anderen Gesellschafter. Somit sollte eine Praxisgemeinschaft nicht nur rechtlich, sondern auch tatsächlich als Innengesellschaft betrieben werden und in der Außenwahrnehmung gegenüber Dritten ein gemeinsames Auftreten (getrenntes Praxisschild, keine gemeinsame Homepage etc.) vermieden werden, um diese negativen Haftungskonsequenzen zu vermeiden.

2.  Die Amtsgerichte werden in Anlehnung an das Handels- und Partnerschaftsregister ein eigenständiges Gesellschaftsregister für BGB-Gesellschaften führen. Der Gesetzgeber beabsichtigt damit, dem kritisierten Publizitätsdefizit abzuhelfen. Allerdings hat der Gesetzgeber ausdrücklich davon abgesehen, eine Pflicht zur Eintragung der GbR in dieses Register vorzuschreiben. Aus Sicht der Zahnärzteschaft mag eine solche Eintragung vornehmlich dann sinnvoll (aber dann auch erforderlich) sein, wenn die Gesellschaft über Immobilieneigentum verfügt, dieses veräußern oder neues Immobilieneigentum erwerben will. Denn die Eintragung der GbR in das Grundbuch setzt künftig voraus, dass die Gesellschaft nach § 707 a BGB in das Register eingetragen ist. 

Die Eintragung in das Register ermöglicht des Weiteren – aus steuerrechtlicher Sicht – einen Statuswechsel der Gesellschaftsform in eine – beispielsweise - MVZ-GmbH. Künftig kann eine eingetragene GbR als übertragende, übernehmende oder als neuer Rechtsträger an einer Verschmelzung gemäß § 3 Absatz 1 Nr. 1 UmwG beteiligt sein. Die Möglichkeit eines Formwechsels der GbR in eine Kapitalgesellschaft ist im Zuge des MoPeG neu in den §§ 214 ff .UmwG geregelt. 

Im Regelfall dürfte indes für eine „klassische“ GbR-Berufsausübungsgemeinschaft keine Notwendigkeit bestehen, eine Eintragung in das GbR-Register vorzunehmen.

3.  § 708 BGB stellt auch künftig sicher, dass die Gesellschafter einer GbR – weitestgehend – frei in der Gestaltung ihrer „Spielregeln“ sind. Sofern – wie bislang auch - der Gesellschaftsvertrag bestimmte Sachverhalte nicht regelt, gelten die §§ 705-739 BGB. 

Neu ist, dass die bislang (unscharfen) Regelungen der Geschäftsführungsbefugnis in § 715 und die Vertretungsbefugnis § 720 BGB strikt voneinander getrennt werden. Die Führung der Geschäfte der Gesellschaft sind nunmehr als Pflichtrecht aller Gesellschafter normiert. Sie bezieht sich auf alle Geschäfte, die die Teilnahme der Gesellschaft am gewöhnlichen Rechtsverkehr mit sich bringt, also z. B. den Abschluss von Behandlungsverträgen. Für besondere Geschäfte kann die Geschäftsführungsbefugnis nach § 715 Absatz 3 BGB einem oder mehreren Gesellschaftern zugwiesen werden. Vorgesehen ist ergänzend das Widerspruchsrecht zur Vornahme bestimmter Geschäfte sowie die Entziehung der einen Gesellschafter erteilten Geschäftsführungsbefugnis, insbesondere im Falle grober Pflichtverletzungen. 

Zur organschaftlichen Vertretung der Gesellschaft sind nach § 720 Absatz 1 BGB alle Gesellschafter gemeinsam berechtigt und verpflichtet. Auch hier ist es zulässig, im Gesellschaftsvertrag abweichende Regelungen vorzusehen, etwa die Übertragung zur Vornahme bestimmter Geschäfte einen oder mehrere der Gesellschaft zu ermächtigten. 

4.  Gesellschafterbeschlüsse sind künftig einstimmig zu fassen, § 714 BGB. Zulässig bleibt, für bestimmte Beschlussgegenstände anderweitige Beschlussmehrheiten im Gesellschaftervertrag zu vereinbaren. 

Die Stimmkraft eines jeden Gesellschafters ebenso wie dessen Anteil am Gewinn und Verlust orientiert sich bislang nach Köpfen. Künftig richtet sich die Stimmkraft wie auch der Anteil am Gewinn und Verlust der Gesellschaft nach § 709 Absatz 2 BGB. Danach orientiert sich die Stimmkraft wie auch der Anteil am Gewinn und Verlust der Gesellschaft – sofern der Gesellschaftsvertrag keine Abweichungen vorsieht – vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen (§ 709 Absatz 3 S. 1 BGB); sofern keine Beteiligungsverhältnisse vereinbart sind, richten sich die Stimmkraft sowie der Anteil an Gewinn und Verlust nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge (§ 709 Absatz 3 Satz 2 BGB). Erst dann, wenn auch derartige Werte nicht vereinbart sind, hat jeder Gesellschafter ohne Rücksicht auf den Wert seines Beitrages die gleiche Stimmkraft und den gleichen Anteil am Gewinn und Verlust (§ 709 Absatz 3 Satz 3 BGB). 

Sofern vertraglich die Stimmrechte sowie die Anteile am Gewinn und Verlust bislang nach Maßgabe der gesetzlichen Regelungen erfolgen sollen, ist anzuraten, eine derartige Regelung in Folge der neuen gesetzlichen Vorgaben durch entsprechende Klarstellungen im Gesellschaftsvertrag anzupassen. 

5.  Bislang konnte einem Gesellschafter – sofern auch hier wiederum keine vertragliche Regelung etwas anderes vorsieht – grundsätzlich jederzeit ohne Fristbestimmung gekündigt werden. Künftig beträgt die gesetzliche Kündigungsfrist 3 Monate zum Ende eines Kalenderjahres.

Während nach bisheriger Rechtslage das Ausscheiden eines Gesellschafters zur Beendigung der GbR führte, gilt nunmehr im Interesse der Kontinuität der GbR der Fortbestand der Gesellschaft (§ 712 Abs. 1) als Regelfall. § 712 a BGB behandelt den Sonderfall, wenn der vorletzte Gesellschafter - gleich aus welchen Gründen – aus der Gesellschaft ausscheidet. Danach kommt es zwar zur Liquidation der GbR, allerdings geht das Gesellschaftervermögen zum Zeitpunkt des Ausscheidens des vorletzten Gesellschafters auf den letztverbleibenden Gesellschafter im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über, § 728 BGB. 
Aus der Gesellschaft ausscheidende Gesellschafter haften nach § 728 a, b BGB für bis zu ihrem Ausscheiden begründete Verbindlichkeiten für die Dauer von grundsätzlich 5 Jahren. 

6.  Auch nach neuem Recht haften die Gesellschafter der GbR gemäß § 721 BGB für sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Gesamtschuldner. Haftungsbeschränkungen gegenüber Dritten können nur durch individuelle Abreden mit dem betreffenden Vertragspartner vereinbart werden. 

Gesetzlich klargestellt ist die bisherige Praxis der Rechtsprechung, wonach ein neu in eine bestehende Gesellschaft eintretender Gesellschafter nach §§ 721 ff. BGB (auch) für bereits vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten haftet. 


Fazit
Die Regelungen des MoPeG sind insgesamt zu begrüßen. Die – veralteten – Regelungen zum Recht der BGB-Gesellschaft sind aktualisiert und den Bedürfnissen der Beteiligten sinnvoll angepasst. Gesellschaftsverträge, die bereits Regelungen vorsehen, die diese Neuregelungen des BGB berücksichtigen, dürften kaum Anlass zur Vertragsanpassung geben. Sofern jedoch Gesellschaftsverträge pauschal auf bestimmte Paragraphen des BGB Bezug nehmen, ist anzuraten, diese Verträge unter Berücksichtigung der neuen Kodifizierung des BGB-Gesellschaftsrechts zu überprüfen; dies gilt insbesondere im Hinblick auf die vom Gesetz vorgesehenen Regelungen zur Gewinn- und Verlustverteilung, Ausübung von Stimmrechten und den Beschlussfassungen in der Gesellschafterversammlung. 

Sven Hennings
Rechtsanwalt

Fachanwalt für Medizinrecht
CausaConcilio Hamburg