Nach einer kurzen Information zu aktuellen berufsständischen Themen wurde Dr. Claus Urbach die Silberne Ehrennadel der deutschen Zahnärzteschaft für seine langjährigen Verdienste verliehen (Seite 6).
Wie immer moderierte PD Dr. Oliver Ahlers die Veranstaltung und stellte den ersten Referenten, Prof. Dr. Stefan Zimmer aus Witten, vor. Das Thema seines Vortrags lautete: „Was kann Prävention leisten?“
Die von ihm präsentierten Zahlen zeigen, dass hierzulande die Kariesprävalenz im bleibenden Gebiss von 1989 bis 2016 um 88% reduziert werden konnte. Ursächlich hierfür sind Fluoridierungsmaßnahmen, Gruppenprophylaxe, Individualprophylaxe und das gestiegene Gesundheitsbewusstsein der Bevölkerung.
Im Milchgebiss konnte die Kariesprävalenz hingegen nur um 28% reduziert werden.
Hier besteht weiterhin Handlungsbedarf. Auch im Bereich der Pflegebedürftigen greift die Prophylaxe bisher kaum, verstärkt durch den Pflegekräftemangel.
Prof. Dr. Thomas Beikler aus Hamburg referierte über das orale Mikrobiom. Dabei erklärte er die Enbiose der Keime in der Mundhöhle, die durch Pathobionten zur Dysbiose führen kann. Schon eine geringe Anzahl von Keystone-Pathogenen kann zu einer Dysbiose führen, die dann zu einer Entzündung des Gewebes führt.
Anschließend wurden Strategien erläutert, um die Enbiose aufrechtzuerhalten oder wiederherzustellen. Es wurde auch über erfolgreiche Versuche bei Tieren berichtet, bei denen ein gesundes Mikrobiom transplantiert wurde.
Prof. Dr. Ulrich Schiffner, Hamburg, referierte über das Thema Fluoride. Auch er erwähnte die positiven Zahlen zum Kariesrückgang im bleibenden Gebiss sowie den geringen Rückgang im Milchgebiss. Die Early-Childhood-Caries ist ein ungelöstes Problem. Der DMFT-Index von 3,2 bei 3-Jährigen ist alarmierend und ein Sanierungsgrad von nur 57,5 % zeigt Handlungsbedarf. Erfreulich ist, dass die Gespräche mit den Kinderärzten zu einer gemeinsamen Empfehlung zur Fluoridierung führten. Vor diesem Hintergrund beschrieb er die Wirkung und Nebenwirkungen der 1000 ppm-Kinderzahncremes. Auch die verschiedenen Formen von Fluoriden wurden thematisiert und die Kariesprophylaxe mit Alternativen wie CPP-ACP, Hydroxylapatit und Xylit wurde in ihrer Wirkung erklärt und beurteilt. Die zentrale Kernbotschaft war daher, dass Fluoride ein zentraler Pfeiler der Kariesprävention bleiben.
Zum Abschluss des Tages erläutert Professor Dr. Carolin Ganß aus Marburg den Umfang der Präventionslücke für über 60 Millionen Menschen (über 18 Jahre), davon 38 Millionen über 45 Jahre alt. Sie führte aus, dass es durch die Einnahme von Medikamenten es zu einer Verschlechterung der Mundgesundheit kommen kann. Bereits freiliegende Zahnhälse sind besonders anfällig für Karies.
Zum Abschluss des Tages wurde ein Plädoyer für Mundhygienetraining in allen Altersgruppen gehalten. Individuelle Konzepte sollten aus einer gründlichen Anamnese abgeleitet werden. Die Intensität der Maßnahmen sollte von den Risikoindikationen und der Lebenssituation abhängen.
Am Samstag begann der Tag mit einem Vortrag von Prof. Dr. Katrin Bekes aus Wien zum Thema Prävention in der Kinder- und Jugendzahnheilkunde. Auch in diesem Vortrag wies die Referentin auf die im Vergleich zur Situation bei den Erwachsenen schlechten Karieszahlen bei kleinen Kindern hin: 43,6 % der 6-Jährigen haben demnach Karieserfahrung, im Schnitt sind 3,97 Zähne betroffen, und ein Sanierungsgrad von 42,5 % ist unbefriedigend. Ursächlich hierfür ist die mangelnde Unterstützung der Eltern bei der Mundhygiene ihrer Kinder zu Hause. Mit einer ausführlichen Anleitung können Eltern in die Prophylaxe integriert werden, da sie eine Schlüsselrolle spielen. Last but not least zeigte Prof. Dr. Bekes die problematische Entwicklung der ECL und MIH auf und erläuterte die unklare Datenlage zur Ursache sowie die das 2016 im Rahmen der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheilkunde (DGKiZ) in Würzburg entwickelte „Würzburger Konzept“ zur Therapie.
Prof. Dr. Falk Schwendicke aus Berlin referierte über Kariesfrüherkennung mittels optimierter Bildgebung. Dabei stand die Künstliche Intelligenz (KI) im Vordergrund.
Er erläuterte, was KI bereits ermöglicht, zeigte jedoch auch auf, wo noch Verbesserungspotential besteht. Sehr unterhaltsam demonstrierte er, wie die Schwachstellen der Software identifiziert werden können, zum Beispiel indem man anschaut, woher die Daten stammen, auf deren Basis die KI entwickelt wurde.
Die Zukunft in diesem Bereich verspricht viel Interessantes.
Nach der Pause begann der praktische Teil des Zahnärztetages. Prof. Dr. Mozghan Bizhang aus Witten referierte über Prophylaxehilfsmittel zur Reinigung der Zahnzwischenräume. Sie stellte die Verbindung zwischen Mundgesundheit und Allgemeingesundheit her und erläuterte systematisch alle Hilfsmittel zur Zahnzwischenraumreinigung.
Die wissenschaftlichen Untersuchungsergebnisse zeigen, dass sowohl die gute alte Zahnseide als auch Zahnzwischenraumbürsten und Soft-Picks gleichermaßen effektiv sind. Allerdings verursachen Soft-Picks im Vergleich zu Zahnzwischenraumbürsten weniger Abrasionen und sind für viele Patienten leichter zu benutzen.
DH Aydan Sachs aus Sendenhorst erläuterte den Aufbau der Organisation und Implementierung des PZR-Konzepts in der Praxis. Die Referentin betonte, dass es nicht eine allgemeine PZR geben kann, sondern dass für jeden Patienten eine spezifische PZR erforderlich ist. Eine ausführliche Anamnese ist notwendig. Auch in ihrem Vortrag war die Software-gestützte Dokumentation ein wichtiger Punkt, um die Kommunikation mit den Patienten effektiver zu gestalten.
Nach einer köstlichen Mittagspause begann Prof. Dr. Søren Jepsen, Bonn, mit dem Thema „Prävention von Periimplantitis“. Die mikrobielle Entstehung der Periimplantitis wurde dabei in einem eindrucksvollen Film erläutert. Das Kardinalsymptom bleibt weiterhin die Blutung, daher müssen Implantate sondiert werden. Zur Therapie zeigte er eindrucksvolle Fälle der chirurgischen Revision.
Dr. Silke Meyer-Rollwage aus Hamburg beschäftigte sich erneut mit der praktischen Anwendung der UPT zur Vorbeugung von Parodontitis. Hier erläuterte sie anschaulich das Verhältnis zwischen Taschentiefe und Rezidivrisiko sowie das Stufenschema zur Behandlung der Parodontitis. Auch in diesem Vortrag zeigt sich die Wichtigkeit der Anamnese, um Allgemeinerkrankungen und Zusatzfaktoren zu berücksichtigen. Es gibt Faktoren wie Stress und Rauchen, die einen großen Einfluss auf die Prognose und Behandlung von Parodontitis haben. Im Anschluss erfolgte eine ausführliche und praxisorientierte Darstellung von zusätzlichen Maßnahmen neben der Instrumentierung. Ein umfangreiches Portfolio an Regenerativa, Antibiotika und Antiseptika wurde näher erläutert.
Im Anschluss erläuterte Dr. Thomas Clement aus Hamburg die Abgrenzung von KV- und Privatleistungen in Zeiten der Budgetierung. Der Referent schaffte es, dieses wichtige, aber sehr trockene Thema sehr kurzweilig mit sehr praktischen Tipps zu referieren.
Wir freuen uns auf den 19. Hamburger Zahnärztetag am 24./25.01.2025 unter dem spannenden Thema „ästhetische Zahnheilkunde“.