Ende August 2024 fand im Hafen-Klub Hamburg der dritte politische Sommerabend der fünf Heilberufekammern statt. Die Apotheker-, Ärzte-, Psychotherapeuten-, Tierärzte- und Zahnärztekammer hatten Politik, Presse, Krankenkassen und Verbände eingeladen, um darüber zu diskutieren, wie bürokratischer Ballast abgeworfen und sinnvolle digitale Lösungen gestärkt werden könnten.
Hamburgs Sozialsenatorin Melanie Schlotzhauer betonte in ihrem Grußwort, dass die Digitalisierung in Hamburg nur gemeinsam gestaltet werden könne. Es müssten „alle Beteiligten an einem Strang ziehen, um die großen Potenziale der Digitalisierung zu nutzen und auszubauen“.
Wie das gelingen und bürokratischer Aufwand für die Heilberufe verringert werden kann, zeigten zwei Vertreter von der TI-Modellregion Hamburg & Umland anhand ihres Projekts TIMO den Anwesenden.
Dr. Pedram Emami, Präsident der Ärztekammer Hamburg, plädierte in seinem Statement dafür, das Gesundheitswesen von überflüssiger Bürokratie zu befreien: „Umfragen aus dem stationären und dem ambulanten Sektor zeigen, wie sehr die Kolleginnen und Kollegen durch Dokumentation und Bürokratie belastet sind. Das summiert sich inzwischen auf mehrere Stunden pro Arbeitstag. Wir müssen über die Einbindung neuer Fachberufe, über kluge, funktionierende digitale Lösungen und eine stringente Weiterentwicklung der Patientensteuerung wieder zeitliche Ressourcen schaffen, die uns im Alltag für die reale Versorgung von Patientinnen und Patienten fehlt. Überbordende und redundante Kontrollmechanismen im Gesundheitswesen haben aber in den letzten Jahren genau diese Ressourcen unnötig verschwendet.“
Für die Zahnärztekammer nutzte Kammerpräsident Konstantin von Laffert die Gelegenheit, um beispielhaft den Bürokratiewahnsinn den Anwesenden verständlich zu machen. Von Laffert führte aus, dass dem zuständigen Normenkontrollrat der Bundesregierung unter dem Slogan „Mehr Zeit für Behandlung“ unter Mitarbeit der Kammern bereits 2015 viele sinnvolle Ideen zum Bürokratieabbau vorgeschlagen worden wären. Die Anzahl der umgesetzten Vorschläge für den zahnärztlichen Bereich summiere sich allerdings auf nullkommanull. Das Gegenteil - mindestens in der Zahnheilkunde - sei der Fall. Denn seit Jahren würde besonders im Bereich der Hygiene ein nahezu ungebremster Bürokratieaufbau stattfinden. Statt sinnvoller Regelungen würden die Vorgaben vielfach zu Unverständnis und Verärgerung bei den Praxisteams führen.
Sinnbild des bürokratischen Wahnsinns für von Laffert sei die aktuelle neue Forderung des Robert-Koch-Instituts und der Arbeitsgemeinschaft Medizinprodukte der Länderbehörden, die sogenannte abschließende Wischdesinfektion verbieten wollen. Konkret würde dies bedeuten, dass Gegenstände, wie ein digitaler Röntgensensor, plötzlich nicht mehr nach Herstellervorgaben mit Desinfektionsmittel abgewischt werden dürfte, sondern es müsse ein validiertes Verfahren dafür gewählt werden. Allerdings existiere ein solches Verfahren bisher nicht. Von Laffert forderte nachdrücklich, dass die Politik nun endlich reagieren und die Bürokratie spürbar abbauen müsse!
Im Anschluss an die Statements der anderen Kammer-Präsidentinnen und Präsidenten, die allesamt weitere skurrile und nur schwer nachvollziehbare Regelungen beispielhaft vorbringen konnten, wurde bis spät in den Abend kontrovers und nach traditionell Hamburger Art kultiviert diskutiert.