Sowohl die Berufsordnung (BO) als auch das Patientenrechtegesetz (§§ 630a ff. BGB) sehen Regelungen über die zahnärztliche Behandlungsdokumentation vor. § 12 Abs. 2 BO lautet:
„Beim Umgang mit zahnärztlichen Dokumentationen sind die Bestimmungen über die ärztliche Schweigepflicht und den Datenschutz zu beachten. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen.“
Nahezu gleichlautend findet sich im Patientenrechtegesetz unter § 630f Abs. 1 BGB eine solche Regelung.
Der BGH hat sich mit Urteil vom 27.04.2021 – VI ZR 84/19 – im Rahmen eines Haftungsprozesses mit der Frage zu befassen, welche rechtlichen Konsequenzen eintreten, wenn die elektronische Dokumentation die nachträglichen Änderungen entgegen § 630f Abs. 1 S. 2 und 3 BGB nicht erkennbar macht. In dem entschiedenen Rechtsstreit ging es um die streitige Behauptung, ob der beklagte Arzt eine tatsächlich dokumentierte Behandlung durchgeführt hat. Der klagende Patient konnte seine gegenteilige Behauptung, wonach die medizinisch gebotene Untersuchung unterblieben sei, zunächst nicht beweisen, weshalb seine Klage in den Vorinstanzen erfolglos geblieben war. Der BGH hat dies anders gesehen und hierzu ausgeführt:
„Die Revision rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht [die Vorinstanz] der mit einer – nachträgliche Änderungen nicht erkennbar machenden – Software erstellten Dokumentation der Beklagten [Ärztin] im Rahmen der Beweiswürdigung eine positive Indizwirkung beigemessen hat.“
Der BGH stellt mithin klar, dass einer dokumentierten Behandlung dann keine positive Indizwirkung zugunsten des Arztes zukommt, wenn eine Dokumentation, die nachträgliche Änderungen nicht erkennbar macht, verwendet wird. Den Anforderungen des § 630f Abs. 1 S. 2 und 3 BGB wird danach nicht genüge getan. Denn nach diesen Bestimmungen – gleichermaßen gilt dies für die Regelung in § 12 Abs. 2 BO – sind Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte nur dann zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Gerade für die elektronisch geführten Patientenakten ist dies sicherzustellen. Die eingesetzte Softwarekonstruktion muss also gewährleisten, dass nachträgliche Änderungen erkennbar sind. Im Ergebnis sollte mithin dafür Sorge getragen werden, dass diese Voraussetzungen durch die eingesetzte Praxissoftware erfüllt werden, um Rechtsnachteile im Rahmen von Haftungsprozessen zu vermeiden. Anders gewendet: Die beste Dokumentation ist wertlos, wenn diese nicht den ausreichend sicheren Schluss rechtfertigt, die dokumentierte Maßnahme sei tatsächlich auch erfolgt. Sinn und Zweck der zahnärztlichen Dokumentation ist nicht lediglich die Sicherstellung wesentlicher medizinischer Daten und Fakten für den Behandlungsverlauf und damit der Therapiesicherung; gerade in Haftungsprozessen erweist sich eine sorgfältig geführte Dokumentation als gutes Beweismittel, welches den tatsächlichen Behandlungsablauf zutreffend wiedergibt und dem Behandler seiner Verteidigung dienlich ist. Dieser Vorteil sollte nicht durch Verwendung einer mangelhaften Software aufs Spiel gesetzt werden.
Rechtsanwalt Sven Hennings
Fachanwalt für Medizinrecht
CausaConcilio Hamburg